Geschichtliches zur Fulda

Zweckverband Kasseler Sportschifffahrt

In unseren Tagen wird die Fulda zwar lebhaft von Sport- und Fahrgastschiffen genutzt, es gibt jedoch keinen Güterverkehr mehr. Dies war früher anders, denn die Fulda kann als Wasserstraße auf eine lange Geschichte zurückblicken.

Auf der Werra wurde schon um das Jahr 600 Handelsschifffahrt bis hin zur Nordseeküste betrieben, und von den Klöstern Fulda und Hersfeld, die im Jahre 744 bzw. 755 gegründet wurden, ist bekannt, daß sie auf dem Wasserwege mit ihren Gütern bei Eisenach verbunden waren. In einer Urkunde legte Kaiser Otto II 979 die Breite der Durchfahrt durch ein Schiffswehr in der Hörsel fest, so daß zwei Schiffe von ca. 1m Bodenbreite dort aneinander vorbeifahren konnten. Mit der Zeit wurden die Schiffe nach und nach größer, entsprechend der Tragkraft der mit ihnen konkurrierenden Landtransportmittel, wodurch natürlich auch die Ansprüche an Wassertiefe und Durchfahrtsbreite wuchsen.

In dieser Zeit transportierte man Güter lieber auf dem Wasserweg als über Land, denn es gab damals in der Regel nur unbefestigte Wege, die häufig auf den Höhen verliefen, so daß der Landtransport sehr mühsam war, bis nach und nach befestigte Straßen gebaut wurden.

Die Schiffe segelten oder wurden getreidelt

Quelle: Schönknecht, R. et al: Auf Flüssen und Kanälen. Die Binnenschiffahrt der Welt, Berlin 1988, S. 26
 

Im Mittelalter bildeten sich nach und nach Territorialstaaten, auf die die Landeshoheit und damit die Kontrolle der Wasserstraßen überging. Im größten Teil Nordhessens war das seit 1292 die Landgrafschaft Hessen, die später in das Kurfürstentum Hessen-Kassel überging.  Zwei Landgrafen lagen die Wasserstraßen besonders am Herzen: Moritz der Gelehrte (1592 –1627) und Karl (1677 – 1730).

Unter Moritz dem Gelehrten wurde die durch Mühlbauten mit entsprechenden Stauwehren versperrte Fulda von Kassel an aufwärts bis Hersfeld wieder schiffbar gemacht, indem an den Wehren Durchfahrtgassen für Schiffe eingebaut wurden. Durch Auflockern der Flußsohle mit Pflügen wurden seichte Stellen vertieft. Sein Plan, die Fulda bis zur Stadt Fulda schiffbar zu machen, scheiterte aber am Widerstand der dortigen Regierung.

Durch die Wehre wurden die Schiffe zu Tal durch die Strömung getrieben und zu Berg hindurchgezogen, jeweils nachdem die Durchlässe geöffnet worden waren.

 

Einfache Durchfahrtmöglichkeit bei Flußwehren

Quelle: Schönknecht, R. e al: Auf  Flüssen und Kanälen. Die Binnenschiffahrt der Welt, Berlin 1988, S. 18

Damals waren die Schiffe meist 20-24 m lang, nur 1,30 bis 1,50 m breit und konnten 250 - 350 Zentner Ladung aufnehmen. Sie hatten Segel und Mast und zwei bis drei Mann Besatzung. Stromab konnten sie meist mit eigener Kraft vorankommen. Allerdings mußten die Schiffer staken, wenn vor den Durchlässen die Strömung nicht stark genug war, und ins Wasser steigen und das Schiff schieben, wenn es am Ufer oder an seichten Stellen festgekommen war. Wenn möglich, wurden auch die Segel benutzt. Stromauf war die Fahrt schwieriger, und die Schiffe mußten getreidelt werden, d.h. sie wurden von ein oder zwei Paar Pferden an langen Leinen gezogen. Die Gespanne gingen dabei am Ufer auf dem Treidelpfad, der je nach den Geländeverhältnissen auf der rechten oder linken Uferseite verlief. Mußte die Seite gewechselt werden, gingen die Pferde einfach durch das Wasser, wurden im Winter jedoch per Schiff auf die andere Seite befördert.

Landgraf Karl wollte seinem durch den 30jährigen Krieg verwüsteten und verarmten Land Hessen durch den Ausbau der Verkehrsverbindungen zu neuer wirtschaftlicher Blüte verhelfen und sah im Ausbau der Wasserwege von Nord nach Süd, von der Weser bis zum Rhein, dafür die größte Chance, was Transportvolumen und Sicherheit betrifft. Dies war aber für damalige Verhältnisse ein gewaltiges Projekt. So war es zunächst einmal naheliegend, im nördlichen Zipfel des Landes Hessen am Zusammenfluß von Weser und Diemel einen ersten festen Hafen zu bauen (Karlshafen) und die Weser im ersten Bauabschnitt über Diemel-Esse-Ahne mit der Fulda bei Cassel zu verbinden, um so das "Stapelrecht" im damals welfischen Hannoversch- Münden zu umgehen. Das Stapelrecht war den hessischen Landgrafen ein Dorn im Auge, und an diesem Stapelrecht lag es neben dem wirtschaftlich schwachen Einzugsgebiet der Fulda auch, daß der Fluß keine größere Bedeutung als Transportweg erreichen konnte. Das Stapelrecht bedeutete eine große Verzögerung auf dem Transport von Norddeutschland nach Kassel, mußten doch an der Schlagd (dem Abladekai) alle Waren mühsam ausgeladen und in die Packhäuser geschafft werden, wo sie sodann zum örtlichen Verkauf angeboten werden mußten. Mit dem Kanalbau wollte man Hannoversch- Münden umfahren. Er wurde 1713 begonnen, und 1729 war er im Tal der Diemel und Esse bis Schöneberg schiffbar (ca. 21 km) und wurde auch bereits durch Frachtschiffe befahren. Nach dem Tode Karls im Jahr 1730 wurde der Bau jedoch beendet, ohne fertiggestellt zu sein. In weiteren Vorhaben wollte Landgraf Karl das Wesergebiet durch Kanäle sowie Eder, Schwalm, Ohm und Lahn mit dem Rhein verbinden, aber auch dieser Plan wurde nicht realisiert.

Schiffe vor der Kasseler Unterneustadt
im Jahre 1605

Quelle: Cassella. (Ansicht von Norden) Kupferstich von Wilhelm Lilich. In: Hessische Chronica. Kassel 1605. Ausschnitt

Auf der oberen Fulda gab es bereits  Warenumschlagplätze (Schlagden) in Melsungen, Rotenburg und Hersfeld. Noch im Jahre 1805 lebten in Melsungen 50 Familien von der Schifffahrt. Anfang und Mitte des 18. Jahrhunderts wurden die Durchlässe durch die noch heute vorhandenen Kammerschleusen ersetzt. So gab es auf der oberen Fulda auf der Strecke von Mecklar bis Kassel zu dieser Zeit insgesamt 7 Kammerschleusen mit Längen von 24 bis 28 m und einer Breite von 4,40 bis 4,60 m. Die Schiffe konnten nun etwa 60t transportieren und einfacher zu Berg fahren. Oft nahmen sie auch Reisende und Gepäck mit. Einige der Staustufen wurden erhalten bzw. rekonstruiert, so daß die Staustufen Rotenburg, Neumorschen, Melsungen, Guxhagen und Neue Mühle heute noch vorhanden sind und zum Teil noch als Selbstbedienungs- schleusen (allerdings nur noch für kleine Boote, wie Ruderer und Paddler nutzbar) betrieben werden. Die größte Bedeutung hat heute die Staustufe Kassel, die 1910 bis 1912 stromab des alten Mühlenwehres als Walzenwehr und mit einer Schleuse von 85 m Länge und 10 m Breite neu gebaut und inzwischen mehrmals instandgesetzt wurde.

1866 ging das Königreich Hannover in Preußen auf und das Stapelrecht erlosch endlich. Da die Verkehrsentwicklung nun als günstig eingeschätzt wurde, baute man ab 1877 in Hann.-Münden eine neue Schleuse mit 49 m Länge und 7,3 m Breite, die heute noch existiert. Die Belebung erfolgte allerdings nicht im vorhergesehenen Maße, so daß die dringend notwendige Flußbettregulierung nicht durchgeführt wurde.

Am 22. August 1843 wurde das erste brauchbare Dampfschiff überhaupt auf der Fulda in Dienst gestellt. Es war von Carl Anton Henschel zusammenmit der Mündener Firma Wüstenfeld konstruiert und gebaut worden. Aber schon bei der Taufe dieses Schiffes geschah das erste Malheur: In Gegenwart des Kurprinzen und Mitregenten, des späteren letzten Hessischen Kurfürsten, sollte es auf dessen Namen "Friedrich Wilhelm" getauft werden. Da man aber vergessen hatte, die Erlaubnis des Landesherren zum Befahren der Fulda auf hessischem Gebiet einzuholen,  erschien der Prinz nicht zur Taufe. Der Dampfer erhielt deshalb in aller Kürze den Namen "Eduard" und machte noch am gleichen Tag seine Jungfernfahrt von Cassel nach Hann Münden. Das Schiff konnte nur eine kurze Zeit zwischen Cassel und Bremen verkehren, denn die Kurhessische Regierung war an einem solchen Projekt nicht interessiert. So wurde wegen angeblich nicht ausreichendem Wasserstand die Dampfschiffahrt auf hessischem Gebiet verboten, daher wurde der "Eduard" nach Bremen verkauft.

Dampfer “Eduard” im Jahre 1843

Quelle: Die erste Dampfschiffahrt von Cassel nach Bremen. Lithografie 1843. In: Kassel in alten Bildern. 100 Ansichten und Pläne. Kassel 1966, S. 100

Auf der oberen Fulda wurde die bis daher florierende gewerbliche Schiffahrt wegen der Eröffnung der Bahnlinie Bebra - Kassel 1848 eingestellt, während der Güterverkehr auf der unteren Fulda erst an seinem Beginn stand. 1879 griff der Bremer Reeder und Kaufmann Theodor Rocholl die alten Pläne wieder auf und unterbreitete dem "Minister für öffentliche Arbeiten" in Kassel einen Entwurf über den Ausbau der Flußstrecke zwischen Cassel und Münden, die "Denk- schrift über Hebung der Weserschiffahrt mit Rücksicht auf Stromregulierung von Fulda und Werra". Die Regierung in Cassel genehmigte diesen Plan. Der Ausbau der Fulda wurde von 1890 bis 1895 durchgeführt und kostete 3,75 Mill. Mark. Sieben Staustufen waren zur Regulierung des Wasserstandes notwendig, mit deren Bau 1890 begonnen wurde. 1897 waren die Staustufen Münden, Bonaforth, Wilhelmshausen, Speele, Kragenhof, Spiekershausen und Wolfsanger als Nadelwehre fertiggestellt und erhielten Schleusen mit einer Länge von 60 m und einer Breite von 8,60 m,  die somit für die damals größten Weserschiffe groß genug waren. Zum Plan von Theodor Rocholl gehörte auch ein fester Hafen in Kassel, der dann auch gebaut und 1895 eröffnet wurde (nähere Informationen über den Kasseler Hafen und seine Geschichte auf der Homepage des Yacht Clubs Kassel). Bald aber stellte sich heraus, daß die Schleusen für die immer größer werdenden Frachtschiffe zu klein und die Nadelwehre bei Hochwasser und Eisgang sehr anfällig waren, so daß neue Schleusen geplant werden mußten.
Die Binnenschiffe brachten vor allem Getreide, Jute und Stückgut, wie z.B. Maschinen, nach Kassel und nahmen zurück in Richtung Norden u.a. Steine als Schotter, Bruchmaterial und Basaltpflastersteine sowie ebenfalls Getreide mit
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Seit 1921 ist die gesamte Fulda im Besitz des Reiches bzw. des Bundes. Sie ist Bundeswasserstraße und unterliegt von Kassel bis zum Beginn der Weser in Hann. Münden als eine dem allgemeinen Verkehr dienende Binnenwasser- straße dem Bundeswasserstraßengesetz. Oberhalb Kassels bis zum Kilometer 0,0 bei Mecklar ist der Bund als Eigentümer nur für die Unterhaltung und die Erhaltung der Schiffbarkeit für den Sportbootverkehr zuständig.

Die "Bremer Schleppschiffahrts-Gesellschaft" hat wesentlich zur Entwicklung des modernen Binnenschiffahrtsverkehrs auf der Fulda bis Kassel beigetragen und sorgte für einen schnell anwachsenden Güterverkehr. Der steigende Frachtverkehr ließ auch einen Anschluß an die damals geplante Großschifffahrtsstraße "Weser-Werra-Main-Donau" notwendig erscheinen. 1937 wurde mit der Kanalisierung der unteren Werra begonnen, und auch die Vorarbeiten für die Anschlußstrecke bis zu den Kaliwerken bei Merkers waren abgeschlossen und damit Kanalisierungsmaßnahmen der Oberweser und eine Umkanalisierung der unteren Fulda in große Nähe gerückt. Durch den Ausbruch des Krieges wurden diese Arbeiten allerdings nicht fortgeführt und nach dem Krieg durch die Teilung Deutschlands endgültig zu den Akten gelegt.

Nach dem zweiten Weltkrieg erlebte der Güterverkehr auf der Fulda noch einmal einen kurzen Aufschwung, aber durch den preisgünstiger werdenden und vor allem schnelleren Transport per Eisenbahn und dem verstärkten Einsatz von LKWs auch im Getreidetransport, der die wichtigste Grundlage der Fuldaschiffahrt war, verringerte sich das Frachtaufkommen auf dem Fluß. Bei niedrigem Wasserstand im Sommer konnten die Schiffe zudem nur zu 40% beladen werden, weil die Schleusen veraltet waren und den Wasserstand nicht mehr ausreichend regulieren konnten. Umgekehrt war es im Winter. Häufig wurden die Nadeln der Wehre durch Hochwasser und Eisgang beschädigt, so daß die Schleusen dann für einige Wochen außer Betrieb waren. All dies machte die Binnenschifffahrt auf der Fulda immer unrentabler.

1958 wurde die Fulda praktisch nur noch von einer einzigen Reederei angefahren, und der Weserbund rief gemeinsam mit dem Vorstand des Wasser- und Schiffahrtsamtes Hann.-Münden alle beteiligten Stellen zu einer dringend notwendigen Entscheidung auf. Die Schleusenanlagen waren völlig überaltert und hätten von Grund auf saniert und modernisiert werden müssen, und die modernen Binnenschiffe mußten, um rentabel betrieben werden zu können, größer sein als die bisher verwendeten 600t Schiffe, und für diese wachsende Größe war die Fulda nicht ausgebaut. Hinzu kam, daß Transporte auf Straße und Schiene die Binnenschiffe mehr und mehr verdrängten.

1968 wurde daher eine Umkanalisierung der unteren Fulda beschlossen, die den Ausbau für 1000t-Schiffe vorsah, damit bei der damals geplanten Stauregelung der Weser Kassel für Frachtschiffe erreichbar blieb. Zwei Großstaustufen bei Wahnhausen und Hann. Münden waren als Ersatz der vorhandenen geplant. Dieses Projekt gelangte jedoch nicht zur Ausführung, da die rückläufige Entwicklung in der Frachtschifffahrt einen solchen Ausbau nicht mehr vertretbar erscheinen ließ.

Noch während der Bauarbeiten wurden diese Planungen verändert und die  Schleusen nur so groß gebaut, daß sie für Fahrgast- und Sportschifffahrt ausreichen. Im Zuge der dann beschlossenen "kleinen Lösung" wurden die Staustufen Wahnhausen, Wilhelmshausen und Bonaforth in den Jahren von 1975 bis 1990 erneuert und die alten Staustufen Wolfsanger, Spiekershausen, Kragenhof und Speele beseitigt. Die Fulda ist jetzt für die Fahrgast- und Sportschifffahrt auf einer Wassertiefe von 1,50 m ausgebaut. so daß sie nun ganz dem Sportbooten und einigen Ausflugsdampfern gehört. Die Nadelwehre wurden durch neue Walzenwehre ersetzt. Die Uferlandschaft wurde im Hinblick auf Erholungszwecke umgestaltet, und es entstanden Feuchtbiotope, Wander- und Radwege, Vogelschutzgebiete usw. So hat sich der Fluß im Laufe der Zeit von einem mehr oder weniger häufig für den Güterverkehr genutzten Verkehrsweg zu einem ruhigen und landschaftlich  wunderschönen Freizeitrevier gewandelt. Diese Funktion ist in ihrem Wert für die Allgemeinheit nicht geringer einzuschätzen als die Frachtschiffahrt.

Ob es auch in Zukunft dabei bleiben wird, daß die Fulda ein Idyll allein für die Freizeitschiffahrt ist, vermag heute niemand zu sagen. Allgemein ist eine Rückbesinnung auf die vergleichsweise umweltfreundlichen und bei z.Z. sinkenden Frachtraten auch kostengünstig fahrenden Binnenschiffe zu beobachten. Vielleicht werden ja eines Tages auch wieder Frachtdampfer auf der Fulda verkehren. Dies ist nur durch eine Regulierung der Oberweser möglich und es sind erhebliche Investitionen notwendig, um die Schleusen der wachsenden Schiffsgröße anzupassen und die Wassertiefe deutlich zu erhöhen.

Quelle: Tönsmann, F. (Hrsg.): Zur Geschichte der Wasserstraßen insbesondere in Nordhessen. Kasseler Wasserbau-Mitteilung 4/1995. Herkules Verlag, Kassel 1995

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